Stellungnahme zu TOP 7 der GR-Sitzung vom 18.12.2019

„Generalplanung Rothacker’sches Haus“

Gehalten von Prof. Josef Walch

Beschäftigt man sich mit der jüngeren Geschichte des „Rothacker’schen Hauses“, so stößt man immer wieder auf den Begriff „Dornröschenschlaf“. In der Tat – in diesem Zustand verharrte das für die Schwetzinger Geschichte so bedeutende große Anwesen am Alten Messplatz über Jahrzehnte. Es wird die Aufgabe zukünftiger Stadthistoriker sein, herauszufinden, wer zuerst die Idee hatte, aus dem Haus ein Stadtmuseum zu machen und es kulturellen Zwecken zu widmen.

Dynamik kam in die Entwicklung „Rothacker’sches Haus“, als die Stadtverwaltung 2015 -2018 die Projektidee „Hotelansiedlung mit Tiefgarage und Stadthäusern am Alten Messplatz“ in die Diskussion brachte, ein Projekt, von dem man sich nach einem negativen Gutachten des Instituts für Marketing und Kommunalentwicklung Immakom Aademie und vielfältiger Einwendungen aus der Bürgerschaft und nachhaltigen Bürgerprotesten im März 2018 durch einen einstimmigen Gemeinderatsbeschluss verabschiedete.

Seit diesem Termin hat das Projekt Sanierung des „Rothacker’schen Haus“ als „Spargel- und Stadtmuseum“ erheblich an Fahrt aufgenommen durch die Vergabe einer Machbarkeitsstudie an das Heidelberger Architekturbüro Maier, die am 4. März dieses Jahres öffentlich und unter großem Interesse den Schwetzinger Bürgerinnen und Bürger vorgestellt wurde. Die Studie zeigt grundlegende Möglichkeiten der ganzen Entwicklung des Quartiers rund um den Messplatz auf, neben dem „Rothacker’schen Haus“ vor allem auch den Bau von 17 Wohnungen auf dem Gelände des ehemaligen Spargelgenossenschaft.

Eine notwendige europaweite Ausschreibung des Projektes „Rothacker’sches Haus“ im Juli 2019 führte zur heutigen Beschlussvorlage, die Generalplanleistungen für die Sanierung, Umgestaltung und Nutzung des Hauses an die Bietergemeinschaft Fischer Architekten/rebuild.ing. group zu vergeben zum Angebotspreis von 2.147.908,71 €. Diese Bietergemeinschaft hat bereits vor kurzem den Zuschlag für die Generalplanleistungen für die Sanierung der Schwetzinger Hofapotheke erhalten.

Im Zeitalter des Internets ist es nicht besonders schwierig, sich über die Leistungsfähigkeit bedeutender Ingenieur- und Architekturbüros anhand deren Portfolios realisierter Projekte zu informieren. Mit dieser Bietergemeinschaft kommen zwei auch international viel beachtete, erfahrene und geschätzte Ingenieur- und Architekturbüros zum Zuge. Vor allem Marc Sommer von der rebuild.ing group ist durch die vom ihm organisierte Sanierung und Umbau des Hauses von Thoma Mann Pacific Paradise in Los Angeles im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland, das im Juni 2018 durch Bundespräsident Steinmeier eingeweiht und der Öffentlichkeit übergeben wurde, durch viele Medienberichte, einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden. Der Partner in der Bietergemeinschaft, die Architektengruppe Fischer aus Aachen, präsentieren in ihrem Portfolio exemplarische Beispiele gewonnener Wettwerbe, darunter – und das ist im Kontext der Aufgabenstellung „Rothacker’sches Haus“ von besonderem Interesse – die Sanierung des Internationalen Zeitungsmuseum Aachen“, einem Medienmuseum, das in einem der ältesten Bürgerhäuser der Stadt aus dem Jahr 1500 untergebracht ist, 2012 realisiert.

Wir erhoffen uns, ja erwarten von dieser Bietergemeinschaft eine in allen Bereichen baulich herausragende und architektonisch optimale, nachhaltige Lösungen, auch in Bezug auf Ökologie und Ökonomie.

Wir sind uns bewusst, dass dieses Projekt eine große finanzielle Herausforderung für die Stadt bedeutet und halten deswegen von Anfang an eine strenge Kontrolle der Kostenentwicklung für unabdingbar. Wir allen wissen, wie gerade bei der Sanierung historischer Architektur und Bausubstanz vielfältige Überraschungen auftreten können, die ein Budget sprengen können.

In diesem Zusammenhang halten wir es für erstrebenswert, dass möglichst bald die Planung, Ausschreibung und Realisierung der Wohnbebauung auf dem Gelände der ehemaligen Spargelgenossenschaft direkt beim „Rothacker’schen Haus“ durch die zwischenzeitlich gegründete städtische Wohnbaugesellschaft angegangen wird. Unser Vorschlag geht dahin, hier eine Mehrgenerationen-Wohnanlage zu realisieren.

Der bisherige Verlauf des Projektes, vor allem das bürgerschaftliche Engagement im Kontext der Diskussion über eine „Hotelansiedlung mit Tiefgarage und Stadthäusern am Alten Messplatz“, die große Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern bei der Präsentation der Machbarkeitsstudie sind für uns Anlass, bei diesem Projekt die intensive Partizipation der Bürgerschaft anzuregen, wenn es um die Planung der „Inhalte“ des neuen Spargel- und Stadtmuseums geht. Vergleichbar anderen Terminen – ich verweise auf Workshops mit Bürgerinnen und Bürgern zu den Themen Klima oder Verkehr – sollte eine erste Information über die inhaltliche Gestaltung des neuen Museums im Jahr 2020 auf der Tagesordnung stehen. Wir gehen davon aus, dass der neu als beschließender Ausschuss installierte Kulturausschuss auch Ort der „inhaltlichen“ Diskussion und der Ausgestaltung des neuen Museums und des „Rothacker’schen Hauses“ und sein wird.

Lassen Sie mich mit einem Zitat der neuen Präsidentin der EU-Kommission Ursula von der Leyen enden, ein Zitat, das nochmals die Bedeutung dieses Projektes „Rothacker’sches Haus“ verdeutlich:

»Kultur und Bildung sind das, was unsere Geschichte mit unserer Zukunft verbindet. Das macht uns einzigartig. Unsere Seele, unsere Kultur, unsere Vielfalt, unser Erbe.«

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am 27. November 2019 im Europäischen Parlament.

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