Stellungnahme zur Verabschiedung der Satzung des Bebauungsplans in der Gemeinderatsssitzung vom 27.07.2019 von Dr. Susanne Hierschbiel
Der in der heutigen Sitzung vorliegende Bebauungsplan regelt die zukünfige Bebauung in dem Quartier zwischen Mannheimer Straße, Luisen-, Linden- und Augustastraße. Im Blockinnenbereich gibt, besser gesagt, gab es eine große Grünfläche. Für diese wurde 2016 ein durch die Stadt beauftragtes artenschutzrechtliches Gutachten durchgeführt, dessen Ergebnis in den Bebauungsplan eingeflossen ist. Damit sollte gewährleistet werden, dass dieses Gebiet bebaut werden kann ohne gegen Naturschutzrecht zu verstoßen. Die Planungen zur Bebauung durch die Firma BauArt sind ebenfalls in den Bebauungsplan eingeflossen.
Unter mehreren Gesichtspunkten sind gegen den BPlan Bedenken vorzubringen. Zum einen, weil wir heute Maßnahmen zum Artenschutz in dem Areal zustimmen sollen, wo doch Rodung der Grünflachen und Abriss von Gebäuden auf dem Flurstück 3672, einer ehemaligen Gärtnerei, schon stattfanden. Zu schützen gibt es hier nichts mehr! Es wurden also seitens der Firma BauArt Fakten geschaffen ohne das Votum des Gemeinderates abzuwarten. Zum anderen bestehen Bedenken, weil ökologische und für das Stadtklima wichtige Maßnahmen in diesem Bplan außer Acht gelassen wurden.
Eine, ich zitiere die Begründung zum Bplan, „gemäßigte Nachverdichtung“, die „gleichzeitig zusammenhängende, kleinklimatisch wirksame Grün- und Freiflächen im Blockinnenbereich“ schafft, soll gesichert werden. Das hört sich erst einmal gut an. Auch wir Grüne wünschen uns Nachverdichtung statt Flächenfraß im Außenbereich, wenn diese Nachverdichtung maßvoll unter Berücksichtigung von Stadtklima und Naturschutz und vorallem ökologisch sinnvoll durchgeführt wird. Bei allen städtebaulichen Maßnahmen muss in Zeiten von fortschreitendem Klimawandel und Hitzesommern dies mit höchster Priorität beachtet werden.
Genau das darf beim vorliegenden Satzungsbeschluss aber angezweifelt werden.
So wurden in der vorliegenden Fassung u.a. folgende Änderungen vorgenommen: – Die Baumstandorte an der Stirnseite des Wendehammers wurden entfernt. – Die Breite der Vorgartenzone im Teilbereich G wurde auf 2,5 m reduziert. – Ebenerdige Terrassen bis zu einer Gesamtgröße von 15 m2/WE sind nun auch außerhalb der Baugrenzen zulässig, gehen also zu Lasten der Grünflächen.
Die Grünflachen selbst sollen zwar „gärtnerisch“ angelegt werden. Die Anlage von sog. „Steingärten“ ist allerdings, im Gegensatz zu unserer Einwendung bei der letzten Sitzung des Technisches Ausschuss, nicht ausdrücklich ausgenommen. „Steingärten“ führen zu einem weiteren Aufheizen der Innenstadt und bieten Insekten, insbesondere Bienen und Wildbienen, weder Nahrung noch Lebensraum. Die so wichtigen ökologischen Trittsteine fehlen somit. Dieser Bebauungsplan hätte die Gelegenheit geboten hier ein Zeichen zu setzen, wie es viele andere Städte schon durch ein Verbot solcher „Steingärten“ in Neubaugebieten getan haben. Ich nenne hier als Beispiele Hanau, Fulda, Speyer, Bensheim und Heilbronn. Auch Schwetzingen als moderner Stadt mit historischem Kern würde dies gut anstehen!
Auch ist im vorliegenden Bebauungsplan das Flurstück Nr. 156 nicht explizit als Gartengrundstück ausgewiesen. Und das, obwohl lt. Beschlussvorlage eine Bebauung ausdrücklich nicht gewünscht ist, wie aus dem letzten Absatz der Seite 2 hervorgeht. Hier besteht also ein Widerspruch in sich. Aus unserer Sicht muss daher Flurstück 156, genauso wie bei den Nachbargrundstücken vorgesehen, als private Grünfläche zur Gartennutzung ausgewiesen werden. Zumal für die derzeitige Nutzung des Geländes der Bestandsschutz ja gegeben ist.
Besonders in den Blick nehmen möchte ich nun Teil C des Bebauungsplans. Hier wird unter Punkt 6 auf eine von der Stadt in Auftrag gegebene artenschutzrechtliche Ersteinschätzung Bezug genommen.
Ich zitiere hier noch einmal aus der Vorlage: „Für die geplanten Überbauungen des Grundstücks oder bauliche Veränderungen am Gebäudebestand (Abriss, Umbau) muss unabhängig vom aufzustellenden Bebauungsplan zunächst das Vorkommen von Fledermäusen im Rahmen einer gebäudebezogenen Untersuchung einzelfallbezogen unmittelbar vor dem Eingriff überprüft werden“…“Dies ist deshalb notwendig, da zwischen der vorliegenden Untersuchung und dem Abriss oder der baulichen Veränderung mehrere Jahre liegen können und sich die während der Artenschutzrechtlichen Begehung erfasste Situation geändert haben kann.“ (Wie es im vorliegenden Fall tatsächlich auch zutrifft, denn das Gutachten wurde ja 2016 erstellt) Anderenfalls könnten, so an gleicher Stelle zu lesen, die in §44 Abs. 1 des BNAtSchG genannten Verbotstatbestände zum Tragen kommen. Nach unserem Kenntnisstand fand der Abriss der Gewächshäuser und einiger Schuppen erst vor kurzem statt und ohne dass das Baurechtsamt davon Kenntnis hatte. Ob davor, wie im Gutachten gefordert, eine gebäudebezogene Untersuchung stattfand, darf zumindest bezweifelt werden. Ob eine solche vor der schon länger zurückliegenden Rodung stattfand, ist ebenfalls ungeklärt. Außer Frage steht jedoch, dass der vor kurzem durchgeführte Abriss während der Brutperiode stattfand und damit einen Verstoß gegen das BNatSchG darstellt.
Bei Erstellung des Gutachtens wurden mehrere geschütze Vogelarten auf dem Gelände gefunden und deshalb sollen wir mit Teil C des BPlans verabschieden, dass vor der Rodung und vor dem Abriss der Gebäude CEF Maßnahmen, also Maßnahmen um Ersatz für Brutplätze zu schaffen, vorgenommen werden. Wie können wir dies heute beschließen, wenn Rodung und Abriss schon längst stattgefunden haben und die Vögel für die diese Maßnahmen gedacht sind, längst vertrieben wurden! Wir fragen uns, welcher Mechanismus hier im Vorfeld versagt hat? Denn hier wurden ganz klar an Verwaltung und Gemeinderat vorbei Fakten geschaffen.
In diesem Bplan wurde also nicht nur das Stadtklima in Zeiten des Klimawandels und die biologische Vielfalt vernachlässigt, er ist auch durch die Schaffung vollendeter Tatsachen seitens eines Bauträgers in Teilen schon vor seiner Verabschiedung überholt und ad absurdum geführt. Die Fraktion von Bündnis 90 / Die Grünen wird daher den vorliegenden Beschlussvorschlag ablehnen.