Baumexkursion des OV Schwetzingen mit Peter Rösch vom NABU

Bei der dritten Exkursion zu Bäumen in Schwetzingen am 19.09.2021 führte Diplom Biologe Peter Rösch vom NABU 20 Teilnehmer durch die Nordstadt.

Start war in der Schützenstraße. Dort und in der benachbarten Walther-Rathenau-Straße wachsen Ebereschen, von den viele kümmern und einzugehen drohen. Sie mögen es nicht, wenn der Boden verdichtet ist und sie eingepflastert sind. Außerdem kommen sie mit Hitze und Trockenheit nicht zurecht, so Peter Rösch. Die Beeren des Baums werden von Vögeln sehr geschätzt. Deswegen wurden sie früher mit Rosshaarschlingen als Köder für den Vogelfang benutzt.

Ebenfalls in der Schützenstraße steht ein Walnussbaum. Peter Rösch berichtete, dass Walnussbäume reich an Omega-3-Fettsäuren sind, die einer Herzerkrankung vorbeugen. Außerdem produzieren sie den Farbstoff Juglon, der als Fraßgift wirkt und das Wachstum anderer Pflanzen in der Nachbarschaft unterdrückt.

Auch andere Baumarten können mit chemischen Substanzen Einfluss auf die Umgebung ausüben. Zum Beispiel produzieren Akazien ein Gas, wenn sie angefressen werden. Andere Bäume der gleichen Art nehmen das Gas auf und werden dadurch veranlasst, einen Bitterstoff zu bilden, der gegen Fressfeinde wirkt.

Am Stamm einer Linde tummeln sich Feuerwanzen.

Am Rondell machte Peter Rösch vor eine Linde Halt. Die Linde ist der „klassische Dorfbaum“ und kann 1000 Jahre alt werden. Allerdings vertragen auch sie kein trockenes und heißes Klima und keine Abgase. Am Rondell kroch ein Heer von Feuerwanzen den Lindenstamm hinauf und hinab. Die Tiere saugen den Saft den Lindensamen, schädigen den Baum aber kaum. Eine große Linde wälzt pro Tag ein Luftvolumen um, das der Fläche eines Fußballplatzes x 8 m Höhe entspricht, und produziert dabei mit ihrer Blattfläche von etwa 1500 qm Sauerstoff, der für zehn Menschen ausreicht. Nebenbei entfernt sie – wie große Laubbäume allgemein – pro Jahr 700 kg Staub aus der Luft, hat einen Kühleffekt, absorbiert Schall und fördert die Wasserbildung und -reinigung im Boden.

Um die Ecke in der Carl-Goerdeler-Straße blieb die Gruppe an einer Birke stehen, einem „Ureinwohner“ unserer Breiten seit der letzten Eiszeit und unter anderem wegen ihres Samenreichtums ein Pionierbaum auf Brachen. Birken sind Flachwurzler und deshalb empfindlich gegen Trockenheit. Die weiße Rinde enthält Betulin, das Sonnenlicht reflektiert und dadurch die Aufheizung des Stamms verhindert, zudem als Fraßgift wirkt. Birken beherbergen eine Vielfalt an Insekten. Und sie gehen häufig mit dem Fliegenpilz eine Lebensgemeinschaft ein. Diese Symbiose ist ein Beispiel einer Mykorrhiza, bei der im Boden Pilzhyphen die Wurzelfäden umschlingen. Der Pilz gibt Nährstoffe an den Baum, der Baum Photosyntheseprodukte an den Pilz ab, beide profitieren von der Lebensgemeinschaft.

Kastanienminiermotten überwintern im gefallenden Laub der Rosskastanie.

Nicht nur im Schlossgarten, auch in der Nordstadt wachsen Rosskastanien. Diese Baumart war bereits vor der Eiszeit hier heimisch, wurde danach aber erst wieder 1570 nach Mitteleuropa gebracht. Rosskastanien sind seit den 1990er-Jahren durch die Kastanienminiermotte befallen und gefährdet. Die Motte überwintert in abgefallenem Laub. Meisen haben aber gelernt, die Larven aus den Blättern zu picken. Vielleicht können die Vögel helfen, die Baumkrankheit zu bekämpfen. Weiße Kastanienblüten haben einen gelben Fleck, der Insekten signalisiert, dass es hier Nektar gibt. Wenn die Kastanien bestäubt sind, ändert sich die Farbe zu rot. Das zeigt den Insekten, dass hier nichts mehr zu holen ist, und spart ihnen vergebliche Anflüge.

Am Beispiel einer Kiefer machte Peter Rösch auf die bereits eingetretenen und sich verschärfenden Veränderungen durch den Klimawandel aufmerksam. Kiefern sind in der Rheinebene bislang die häufigste Baumart, haben aber nach übereinstimmender Einschätzung der Forstexperten wegen des Wassermangels und Temperaturanstiegs infolge der Klimaveränderung an den Extremstandorten unserer Dünenlandschaft keine Zukunft.

Als Alternative wird mittlerweile in Städten und Forsten die Anpflanzung exotischer Baumarten geprüft. Dabei stellt sich nicht nur die Frage, inwieweit solche Bäume mit dem Klimawandel zurechtkommen. Es geht auch darum, ob neue Baumarten in unser Ökosystem passen, ob sie Lebensraum für Insekten, Futter für Vögel, Lebensbedingungen für Spezialisten bieten. Bei exotischen Bäumen besteht die große Gefahr, dass sie diesen systemischen Nutzen nicht besitzen. Als Beispiele für Exoten aus Nordamerika zeigte Peter Rösch eine Roteiche und eine Ahorn-Art sowie einen Trompetenbaum, der – obwohl leicht giftig – für Kindergärten beliebt ist, da er spät Blätter bekommt und sie früh wieder verliert, also nur in der heißen Jahreszeit Schatten wirft. Die Blüten des Trompetenbaums enthalten immerhin viel Nektar und gelten als Weide für Bienen und andere Insekten.

Das üppige Geäst der Platanen bietet reichlich Platz für Vogelnester.

Platanen, von denen es in der Nordstadt mehrere stattliche Exemplare gibt, waren – so Peter Rösch – lange der Lieblingsbaum der Stadtplaner. Die Art erträgt Straßenpflaster, Trockenheit und verdichteten Boden. Aber auch für die Platanen gibt es nun einen Schädling, die aus Nordamerika eingeschleppte Platenennetzwanze, die hierzulande kaum Fressfeinde hat.

Eine kleine Kräuterkunde auf einer Wiese an der Grenzhöfer Straße war eine Zugabe am Schluss der zweistündigen Exkursion. Am Beispiel von Ackerwinde, Labkraut und Brennnessel machte Peter Rösch deutlich, wie wichtig Wiesenpflanzen für viele Schmetterlingsarten sind, von denen manche – wie der Windenschwärmer – für die Eiablage die Reise vom Mittelmeer über die Alpen auf sich nehmen.

Die begeisterten Teilnehmer*innen der Tour dankten Peter Rösch für seine lehrreichen, spannenden und unterhaltsamen Ausführungen mit langem Beifall.

Dr. Susanne Hierschbiel, Sprecherin des Ortsverbands von Bündnis 90/Die Grünen Schwetzingen, fasste die Erkenntnisse der Tour zusammen: „Es ist klar geworden, dass vor allem alte und große Bäume geschützt und gepflegt werden müssen. Sie haben eine besondere Funktion für das Klima, aber auch für Tiere und Artenvielfalt“.

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