„Lärmaktionsplanung“
Von Stadtrat Prof. Josef Walch
In Pressemitteilungen der Aktiven Bürger und Freiwähler konnte man gestern und heute lesen:
- Die Agenda (für die heutige Sitzung) ist ambitioniert… (ABS)
- Eine wirkliche ambitionierte Tagesordnung… (Freiwähler)
In der Tat. Ambitioniert ist sicher auch dieser Tagesordnungsordnungspunkt, der eines unserer zentralen und wichtigsten Umweltprobleme zum Gegenstand hat, die Reduzierung des Lärms.
„Lärm ist jede Art von Schall, die stört, belästigt oder die Gesundheit beeinträchtigen kann“, so die WHO Weltgesundheitsorganisation bereits 1972. Die Zahl der Erkrankungen in den vergangenen Jahren hat sich von 20% auf 25% erhöht.
Wenn ich Sie jetzt fragen würde, welchen Tag wir am 24.April 2019 begangenen haben, würde ich wahrscheinlich keine Antwort erhalten.
Am 24. April 2019 haben wir in diesem Jahr den „Tag gegen den Lärm“ begangen, den International Noise Awarness Day. Der „Tag gegen Lärm“ will bei Bürgerinnen und Bürgern das Bewusstsein stärken, dass Industrielärm, Lärm am Arbeitsplatz, Straßenverkehrslärm, Fluglärm oder Schienenlärm krankmachen. Das Motto in diesem Jahr war übrigens „Alles Lärm oder was?“
Welche Lärmbelästigungsquellen gibt es? Einer repräsentativen Umfrage des Umweltbundesamtes zufolge steht beim Verkehrslärm an erster Stelle der Straßenverkehr, gefolgt von Fluglärm und Bahnlärm. Insgesamt spielen auch Nachbarschafts- und Industrielärm eine erhebliche Rolle und stehen an dritter und vierter Stelle der größten Lärmquellen.
Der Kampf gegen den Verkehrslärm und vor allem den Bahnlärm steht in Schwetzingen im Vordergrund einer Grünen Umweltpolitik.
Anfang 2019 fand ein gemeinsam von der Stadt Schwetzingen und der im Mai 2018 in Schwetzingen gegründeten Bürgerinitiative gegen den Bahnlärm BGB veranstaltetes Bürgersymposium zu diesem Thema. 1.300 Güterzüge fahren monatlich allein durch Schwetzingen und durch den Ausbau der Strecke von Rimini nach Rotterdam wird diese Zahl in den kommenden Jahren noch erheblich ansteigen. Schwetzingen und Oftersheim gehören zu den Top-Ten-Orten in Deutschland, wenn es um Bahnlärm geht
Bei der Planung des Eisenbahnkorridors Mannheim-Karlsruhe mit seinen Aus- und Neubauvorhaben am Knoten Mannheim, die auch Schwetzingen tangieren sollen, so Dr. Stefan Gewecke von der DB Netz AG, soll die Öffentlichkeit umfassend und frühzeitig in die Planungen einbezogen werden. Mit dem Start dieser Öffentlichkeitsbeteiligung sollte, so die damalige Aussage des Vertreters der DB Netz AG, in der 2. Jahreshälfte 2019 begonnen werden.
Dass wir alle aufgrund dieser Entwicklung mehr den je für einen umfassenden Lärmschutz plädieren, versteht sich von selbst. Die Bürgermeister und Oberbürgermeister von Neulußheim, Hockenheim, Oftersheim und Schwetzingen haben zu Beginn des Jahres eine gemeinsame Resolution gegen den Bahnlärm unterzeichnet, um sich so „Gehör auf oberster Ebene“ (so damals der O-Text in swr aktuell) zu verschaffen. Sie, Herr Dr. Pöltl, haben damals gesagt „An anderen Stellen machen wir ein riesen ‚Gedöns’ – Feinstaub, Stickoxide – alles inhaltlich richtig. Aber beim Bahnlärm machen wir die Augen zu. Das kann nicht sein.“ Wir können nur hoffen und wünschen, dass diese Apelle an die Bahn AG Früchte tragen, sie allein ist zuständig für die Bekämpfung und Reduzierung des Bahnlärms.
Wichtige Instrumente des Lärmschutzes in Deutschland sind die strategische Lärmkartierung und die Lärmaktionsplanung. Darum geht es bei diesem Tagesordnungspunkt heute Abend. Strategische Lärmkartierung und die Lärmaktionsplanung: Sie sind seit Juni 2005 im Bundes-Immissionsschutzgesetz verankert; damit wurde die EU-Umgebungslärmrichtlinie aus dem Jahr 2002 in deutsches Recht umgesetzt.
Herr Prof. Dr. Hupfer hat in der Sitzung des Technischen Ausschusses am 4.12. den aktuellen Lärmaktionsplan mit seinem umfassenden und differenzierten Kartenmaterial vom Dezember 2019 vorgestellt und erläutert. Zieht man ältere Gutachten zu diesem Thema, so aus dem Jahr 2013 auf den Tisch, so wird hier eine positive Entwicklung, was die Qualität des Kartenmaterials betrifft, deutlich
Dem Beschlussvorschlag, das Ergebnis dieses Gutachtens zur „Fortschreibung einer Lärmaktionsplanung zum Verkehrslärm der Stadt Schwetzingen auf der Basis der EU-Umgebungslärmrichtlinie 2002/49/EG“ zur Kenntnis zu nehmen, stimmen wird zu, ebenso der Öffentlichkeitsbeteiligung (Bürgerforum am 16.1.2020) gem. den gesetzlichen Bestimmungen und Regelungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzt stimmen wir zu.
Welche Maßnahmen von Geschwindigkeitsbeschränkungen bis zu Lärmschutzbauten realisiert werden können, ist dann in der Folge zu entscheiden. Wir erhoffen und wünschen uns auch hier viele positive und kreative aus den Bürgerschaft.
Zwei abschließende Anmerkungen aus aktuellen Gründen:
Aus Gesprächen mit betroffenen Bürgerinnen und Bürgern wissen wird, dass nicht alle Maßnahmen, die in den vergangenen Jahren im Bereich Verkehr umgesetzt wurden, als richtig und gelungen erachtet werden. Ich zitiere aus einem aktuellen Schreiben von Anwohner der Clementine-Bassermann-Straße an die Stadtverwaltung, das den im Gemeinderat vertretenen Parteien und politischen Gruppierungen als Kopie vorliegt. Es geht um die Umwidmung der Marstallstraße zur Fahrradstraße: „Entgegen der von Prof. Dr. Hupfer prognostizierten gleichmäßigen Verteilung der innerstädtischen Verkehrsströme ist es nun so gekommen, wie wir Anwohner dies erwartet haben: Durch die Umwidmung der Marstallstraße zur Fahrradstraße hat dort eine umfassende Verkehrsberuhigung stattgefunden. Diese fällt vollkommen zu Lasten der Clementine-Bassermann-Straße (dort leben viele Familien mit kleinen Kindern, J.W.) aus, welche seither zu einer innerstädtischen Umgehungsstraße wurde… Im Lauf des vergangenen Jahres kam es in der Clementine-Bassermann-Straße insbesondere zu Stoßzeiten zu deutlichen Rückstausituationen und den damit verbundenen erhöhten Feinstaub- und Geräuschemissionen. Diese sollten gemäß dem Verkehrsgutachten, aufgrund von Verlagerungsprozessen, gerade nicht auftreten.“ Die Fraktion von Bündnis 90/DIE GRÜNEN hat schon bei der Beratung dieser Verkehrsmaßnahme in der vergangenen Legislaturperiode des Stadtrates auf diese Problematik, wie sie sich jetzt aus der Sicht der Anwohner eingestellt hat, hingewiesen. Die anstehende Sanierung und Umbau der Karlsruher Straße gebietet, sich mit diesen Einwendungen der betroffenen Bürgerinnen und Bürger sehr zeitnah nochmals auseinander zu setzen.
Wir fordern in diesem Kontext die Verwaltung auf aber auch, zu prüfen, wo durch Neubaugebiete zusätzlicher Verkehrslärm entstehen wir, so z.B. durch die Bebauung des Pfaudler-Areals. Wir sind der Meinung, dass gerade auch dort in einem Lärmaktionsplan im Rahmen der Bauleitplanung Maßnahmen zur Lärmminderung von vorne herein eingeplant werden sollten.