Dr. Andre Baumann und Elke Zimmer mit Radtour unterwegs durch das Naturschutzgebiet „Hirschacker- und Dossenwald“
Schwetzingen/ Mannheim. Bei regnerischem Herbstwetter startete die Radtour, zu der die Mannheimer Landtagsabgeordnete Elke Zimmer und der Landtagskandidat der Grünen für den Wahlkreis Schwetzingen, Dr. Andre Baumann, eingeladen hatten. Von Mannheim nach Schwetzingen ging es durch das Naturschutzgebiet „Hirschacker- und Dossenwald“. Coronabedingt fand die Radtour nur mit wenigen Teilnehmerinnen und Teilnehmern statt. Fachkundig geleitet wurde die Tour von Dr. Andre Baumann. Der Schwetzinger ist einer der besten Kenner dieses Gebiets.
Zu Beginn berichtete Baumann anschaulich von der Entstehung dieser vielfältigen kurpfälzischen Landschaft, die zu den bedeutendsten Flugsandgebieten in Baden-Württemberg gehört. Die Sandverwehungen, die hier am Ende der letzten Eiszeit entstanden, bilden die badischen Binnendünen mit bis zu 13 m Höhe. Doch auch der Mensch hat diese Landschaft stark geprägt: „Über Jahrhunderte haben Bauern ihr Schafe und Ziegen, Schweine und Rinder in den Wäldern gehütet. Lange Zeit war es militärisches Übungsgelände erst der deutschen Wehrmacht, dann der amerikanischen Streitkräfte. In den 1980er Jahren kam es dann zu Kiefernaufforstungen, die aber aufgrund der Trockenheit und der Hitzesommer keine gute Zukunft mehr haben. Heute ist der Hirschackerwald eines der wertvollsten Naturschutzgebiete in unserer Region“, sagte Baumann.

Die streng geschützte Sandstrohblume hat im Land ihren größten Bestand im Hirschackerwald.
An den weiteren Stationen berichtete frühere NABU-Landesvorsitzende und frühere Umweltstaatssekretär Baumann Spannendes und Anschauliches zu den Pflanzen- und Tierarten, die hier in den „Wüsten der Kurpfalz“ überleben. Wer hier überlebt, muss damit zurechtkommen, dass der blanke Dünensand im Sommer bis zu 60 Grad Celsius heiß werden kann, dass Wasser schlecht gespeichert wird und der Sandboden ausgesprochen nährstoffarm ist. Der nach Zitrone duftende und schmeckende Sandthymian, das in Baden-Württemberg gefährdete Silbergras, die Sandstrohlume und große Bestände an Besenheide sind typische Vertreter dieser Sandökosysteme und wurden von den Teilnehmenden bestaunt.
Baumann machte auch deutlich, warum an bestimmten Stellen der Wald weichen muss, um den Naturschutzmaßnahmen Platz zu schaffen. „Es braucht Schafe und Ziegen im Schutzgebiet, denn sie sind die Gestalter der Artenvielfalt, da in ihrem Fell beispielsweise Samen weitertransportiert werden. Diese Tiere brauchen feste Weidezäune, weil in der Vergangenheit unbelehrbare Hundehalter ihre Hunde auf Schafe losgelassen hatten“, sagte Baumann. Auch die Landtagsabgeordnete Elke Zimmer aus Mannheim warb für die neue Besucherlenkung, die seit einem Jahr umgesetzt wird. „Der Mensch ist hier zu Gast im Gelände des NABU und mitten in einem hochwertigen Naturschutzgebiet. Wir wollen die Natur schützen und daher braucht es ungestörte Bereiche für die Wildtiere“, so Zimmer.
Baumann berichtete, dass er sich seit vielen Jahren für den rund hundert Hektar großen Hirschackerwald einsetzt. „Die Höhere Naturschutzbehörde hatte mich 1995 gebeten, dass ich mich um das Naturschutzgebiet Hirschackerwald kümmern soll. Das habe ich zugesagt. Und was ich zusage, versuche ich zu halten.“ Er berichtete, dass er als Student und NABU-Bezirksvorsitzender einen hauptamtlichen Pflegetrupp aufgebaut hat, der bis heute dieses Dünenschutzgebiet pflegt. Über die Sandstrohblume, die im Hirschackerwald ihren größten Bestand in Süddeutschland hat, hat er seine Diplomarbeit geschrieben. Nach dem Abzug der US-Army konnte er – mittlerweile NABU-Landesvorsitzender – erreichen, dass der gesamte militärische Standortübungsplatz in das Nationale Naturerbe überführt wird. Eigentümer des „Panzerwalds“, wie der Hirschackerwald von Einheimischen genannt wird, wurde die NABU-Stiftung Nationales Naturerbe. Auch für ausreichende Geldmittel für Pflegemaßnahmen wurde gesorgt. Im Rahmen des NABU-Naturschutzprojekts „Lebensader Oberrhein“ wurden im Hirschackerwald großflächig parkartige Heide- und Sandmagerrasenbiotope neu geschaffen. Das bundesländerübergreifende Projekt wurde vom Bundesamt für Naturschutz, dem Land Baden-Württemberg und dem NABU finanziert. Das Projektvolumen betrug rund insgesamt 5 Mio. Euro. Der Schwerpunkt der Maßnahmen in Baden-Württemberg waren Naturschutzmaßnahmen in Dünengebieten in Schwetzingen und Walldorf. Zimmer und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dankten Baumann für dieses Engagement.
Besonders freuten sich Zimmer und Baumann, dass die grün-geführte Landesregierung die Mittel für den Naturschutz seit Regierungsbeginn von 30 auf über 100 Millionen Euro erhöht hat. „Diese Naturschutzmittel kommen auch in der Metropolregion Rhein-Neckar an, wie um Naturschutzgebiet Hirschacker- und Dossenwald. Die grün-schwarze Landesregierung ist sich ihrer Verantwortung für die biologische Vielfalt und unsere heimischen Kulturlandschaften bewusst. Wie kein anderes Land in Deutschland schützt das Land Baden-Württemberg sein kulturelles und natürliches Erbe“, ergänzten Baumann und Zimmer.
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