Dr. Andre Baumann zeigt mit Experten die Schäden der Klimaveränderung im Park
„Wir merken am Schlossgarten, dass der Klimawandel bei uns angekommen ist“
Mit diesen Worten begrüßte Dr. Andre Baumann, Landtagskandidat der Grünen und promovierter Biologe, eine Gruppe interessierter Bürger (wegen der Pandemie war ihre Zahl auf 20 Personen begrenzt, die Nachfrage lag weit höher). Sie waren eingeladen, die Folgen der Klimaveränderung im Schlossgarten zu begutachten. Zusammen mit Professor Dr. Hartmut Troll, Gartenkurator der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, und Andreas Falz, deren ehemaligem Leiter, übernahm Dr. Baumann die kundige Führung durch den Park.
Wie Dr. Baumann ausführte, muss im Schlossgarten seit einigen Jahren festgestellt werden, dass immer mehr Bäume schadhaft oder gar abgängig sind. Damit besteht die akute Gefahr, dass der Park seinen Bestand an Altbäumen verliert und der historische Charakter dieser einmaligen Anlage zerstört wird. Dr. Baumann formulierte es anschaulich: „Durch den Klimawandel stehen wir vor der Frage, ob wir hier auf Vegetationsbedingungen wie bislang in Florenz oder aber wie in Palermo zusteuern“. Die Folgen werden für den Baumbestand im Schlossgarten, darüber hinaus aber auch für unsere Wälder lebensentscheidend sein.
Im Schlossgarten herrschen einfache, in unserer Region allgemein verbreitete Bäume vor, so Professor Dr. Troll. Die alten Baumarten aus Carl-Theodors Zeiten gibt es längst nicht mehr, seit der Inventur von 1804 sind über 70 Arten verschwunden. Das ist vor allem auf den Frostwinter 1870 zurückzuführen und darauf, dass der Park zwischen 1920 und 1970 von der Forstverwaltung betreut wurde, die bei Nachpflanzungen ihr vertraute lokale Arten bevorzugte. Unter diesen haben Eichen und Buchen große Schwierigkeiten, sich auf die Veränderung des Niederschlags infolge der trockenen Sommer einzustellen. Verstärkt wird das Problem des Wassermangels in unserer Region und damit auch im Schlossgarten durch den sandigen Boden und die seit der Tulla‘schen Rheinbegradigung fortschreitende Grundwasserabsenkung. Eichen reagieren sehr schnell auf Trockenheit und gehen rasch zugrunde. Damit ist auch der Heldbock, unsere größte Käferart, vom Aussterben bedroht; er ernährt sich von Eichen und hat im Schlossgarten einen seiner selten gewordenen Lebensräume. Buchen kommen mit Wasserarmut etwas länger zurecht, sterben aber nach wenigen Jahren ebenfalls und dann in Massen. Mindestens die Hälfte der Rotbuchen im Park ist mittlerweile geschädigt und treibt nicht mehr vollständig aus, viele sind schon eingegangen. Diese Entwicklung trifft auch die Wälder unserer Umgebung. Prof. Dr. Troll bemerkte drastisch: „Im Oberrheingraben sagt die Forstverwaltung der Buche Adieu“.
Wie weit die Baumschäden im Schlossgarten bereits fortgeschritten sind, ließ sich für die Besucher vor allem im englischen Teil des Parks erkennen. Erschreckend viele Baumkronen sind ausgedünnt oder gar ganz verdorrt, Äste dürr oder tot. Trostlos ist der Anblick von Baumstümpfen, wo noch vor wenigen Jahren Buchengruppen grünten. Der malerische Charakter majestätischer Einzelbäume und von Gehölzgruppen, die aus drei- bis vierschichtigen Baumhöhen komponiert sind, lässt sich nicht einfach ersetzen, so Professor Dr. Troll.
Andre Baumann fordert deshalb: „Trotz Pandemie und finanzieller Engpässe darf an Geld und dringend benötigtem Personal nicht gespart werden, wenn wir den Klimawandel bekämpfen und die Baumbestände in Gärten, Parks und Wäldern retten wollen. Und wir brauchen Menschen mit Wissen und Leidenschaft, darunter qualifizierte Gärtner, die sich für diese Aufgabe engagieren“.
Noch besteht Hoffnung für den Schlossgarten. Das Land hat Gelder zur Verfügung gestellt, um Bodenuntersuchungen sowie intensivierte Baumpflege durch Verbesserung der Bodenaktivität mit Einbringen von Pflanzenkohle und Kompost aus einer geplanten eigenen Kompostierungsanlage des Schlossgartens zu finanzieren; außerdem sollen der Nutzen einer Bewässerung geprüft und die Wirksamkeit all dieser Maßnahmen untersucht werden. Und es wird eine Baumschule für den Schlossgarten aufgebaut – in der Tradition des Arborium Theodoricum, das Friedrich Ludwig Sckell als Baumlehrgarten für Kurfürst Carl-Theodor errichtet hatte. In der neuen Baumschule sollen Setzlinge aufwachsen, die aus Sämlingen des alten Baumbestands gezogen werden und von Anfang an mit den veränderten klimatischen Bedingungen konfrontiert sind. Außerdem sollen Abkömmlinge von Bäumen angepflanzt werden, die von der geographischen Trockenheitsgrenze ihrer Art stammen, also aus Regionen, deren klimatische Bedingungen schon jetzt denjenigen entsprechen, die künftig bei uns vorherrschen werden. „Vielleicht stünde Carl-Theodor heute an der Spitze der Klimaschützer“, spekulierte Dr. Baumann mit einem Augenzwinkern.
Am Ende des zweistündigen Rundgangs durch den Park zog er das Fazit: „Durch den Klimawandel sind die Bäume des Schlossgartens schwer krank und befinden sich bereits auf der Intensivstation. Wir müssen sofort handeln, wenn der Park auch in fünf Jahren noch Besucher anlocken soll“.