zur Haushaltssatzung 2020
Von Fraktionsvorsitzendem Marco Montalbano
Mit Einführung der Doppik, also der Umstellung von der Kameralistik mit einfacher Buchführung mit Einnahmen- und Ausgabenrechnung zum Neuen kommunalen Finanzmanagement ist eine Hinwendung zu den Gepflogenheiten der Privatwirtschaft erfolgt. Die betriebswirtschaftliche Betrachtung aller kommunalen Leistungen und Angebote kann aber nicht der Weisheit letzter Schluss sein, denn diese wird hier primär betrieben. Sogar das bekannte Wirtschaftsprüfungsunternehmen PricewaterhouseCoopers drückte dies in einer Evaluation der Doppik für Kommunen so aus: „Gegen die Wirkkraft beispielsweise von sozialen oder kulturellen Themen behauptet sich eine finanzorientierte Argumentation nach wie vor nur mit Mühe.“, mit anderen Worten, es kann und darf nicht an alles ein Preisschild gehängt werden, vor allem nicht im sozialen und kulturellen Bereich.
Doch es hilft alles nichts, wir haben die Doppik nun mal, weil es von oben so verordnet wurde. Inwieweit diese letztendlich Nach- oder auch Vorteile bringt, wird die Zeit zeigen. Ein allerdings schon jetzt vorhandener Nachteil ist die definitiv schlechtere Durchschaubarkeit des Zahlenwerks. Glücklich darf sich deshalb jede Fraktion schätzen, die Expertinnen und Experten in ihren Reihen hat. Natürlich lässt sich vieles weiterhin besonders an einigen Zahlen festmachen.
Bedenklich finden wir, dass die Eröffnungsbilanz immer noch nicht vorliegt. Denn dies lässt nur ein bedingte Beurteilung in manchen Bereichen zu und sorgt dafür, dass wir in manchen Fällen nur Schätzungen vorliegen haben, wie bei den knapp 4,5 Millionen an Abschreibungen. Auch würden wir es sehr begrüßen, wenn der Zeitraum zwischen der Präsentation des Haushaltsentwurfs und der fertigen Haushaltssatzung nicht nur wenige Wochen betragen würde. Dieser ist extrem knapp bemessen und sollte definitiv länger sein um das vorliegende, fast 800 Seiten starke Zahlenwerk eingehender zu studieren und bewerten zu können. Zu hinterfragen ist auch der sprunghafte Anstieg mancher Zahlen vom Entwurf zur fertigen Satzung. Betrugen beim Gesamtergebnishaushalt im Entwurf die „Steuern und ähnliche Angaben“ (lfd. Nr. 1) noch 30,4 Millionen Euro, liegen wir bei der fertigen Satzung rund eine Million höher mit 31,44 Millionen und konnten bei den „Zuweisungen“ (lfd. Nr. 2) einen Sprung von ebenfalls circa einer Million auf knapp 17 Millionen feststellen, aber dies nur zwei Beispiele. Begrüßenswert wären solche sprunghaften Anstiege auf jeden Fall.
Lassen Sie uns aber nun die vorliegende Haushaltssatzung in ein paar weiteren Punkten genauer betrachten.
Im Ergebnishaushalt stehen Erträge von 59.106.000 Euro Aufwendungen von 63.399.000 Euro gegenüber ,woraus sich ein Fehlbetrag von 4.293.000 Euro ergibt. Es liegt also eine Unterdeckung vor, die nicht unerheblich ist. Besonders hinsichtlich in Zukunft zu
tätigender Investitionen ist dies alles andere als eine gute Ausgangslage. Doch dazu später mehr.
In der vorliegenden Haushaltssatzung sind rund 300.000 für das Rothackersche Haus eingestellt, bevor 2021 mit über 6 Millionen Euro der erste „große Batzen“ fällig wird. Endlich tut sich was in diesem Bereich. Lange mussten wir darauf warten, dass das brach liegend, bedeutende Gebäude nun endlich wieder in absehbarer Zeit einer öffentlichen Nutzung zugeführt wird.
Auch mit der Karlsruher Straße geht es jetzt bald los, wobei jedoch für 2020 schon 5 Millionen veranschlagt wurden. Diese Kosten sind einfach nötig. Die Neugestaltung wird große Herausforderungen für uns alle mit sich bringen, für alle Bewohner Schwetzingens, den Verkehr und nicht zuletzt für die ansässigen Anwohner. Diese Verkehrsader wird immer noch von zu viel Autofahrern genutzt, die den Weg mitten durch das Herz unserer Stadt wählen. Aber warum? Genau auf der gegenüberliegenden Seite im Haushalt sind passenderweise die Investitionen in das Radwegenetz eingestellt – und in welcher Höhe werden wir 2020 darin investieren? Null Euro. Natürlich kann man in Schwetzingen an vielen Stellen schon ganz gut mit dem Rad unterwegs sein. Aber wenn wir den Pkw-Individualverkehr weiter reduzieren wollen, so klappt dies nicht mit „Null“ Euro Investitionen in das Radwegenetz. Denn an vielen Stellen läuft es in Sachen Radverkehr noch nicht besonders rund, mit anderen Worten, es bestehe noch viel Luft nach oben – sehr viel! Nur wenn noch mehr Menschen auf das Rad und in die öffentlichen Verkehrsmittel steigen und der Automobilverkehr wo immer möglich um den Stadtkern herum und über die B535 geleitet wird, wird sich auch in der Karlsruher Straße der Verkehrsdruck vermindern. Daran müssen wir arbeiten.
Kreditaufnahmen sind für das Jahr 2020 nicht vorgesehen. Das ist einerseits gut, da keine Schulden gemacht werden, andererseits ist dies auch zu hinterfragen. Denn wir fragen uns, woher das Geld für zukünftige Investitionen kommen soll? Durch die absolut sinnvolle Einführung einer oder gar mehrerer Glanztagesgrundschulen in Schwetzingen, über die wir im Gemeinderat vor kurzem in einer Klausurtagung beraten haben, würden ein höherer zweistelliger Millionenbetrag für Baumaßnahmen fällig. Woher soll dieser kommen? Ob das Rothackersche Haus tatsächlich „nur“ 12 Millionen kosten wird, steht ebenfalls in den Sternen. Denn wie wir alle aus Erfahrung wissen, tendieren solche Projekte dazu, immer teurer zu werden. Wollen wir uns da, wie im zuletzt genannten Fall, immer darauf verlassen, das von irgendwoher eine Förderung kommt, die eben gewährt werden kann, oder auch nicht? Nein. Wir wollen und müssen investieren, in Bildung, in unsere Kinder, aber auch in Kultur um unsere Stadt lebenswert und attraktiv zu erhalten und sie in diesem Punkt weiter auszubauen. Um Investitionen tätigen zu können, muss Geld da sein. Mit einem Fehlbetrag von fast 4,5 Millionen im Haushalt ist die nicht zu bewerkstelligen. Doch was tun wenn das Geld fehlt? Da gibt es logischerweise nur zwei Wege: die Kosten reduzieren oder die Einnahmen erhöhen. Da man der Stadt keine unnötigen Ausgabeorgien vorwerfen kann – im Gegenteil – bleibt nur die Erhöhung der Einnahmen. Da sich an den Schlüsselzuweisungen pro Einwohner nicht viel ändern wird, vom leichten Bevölkerungswachstum dank des kommenden Zuzugs im Pfaudler-Areal in einigen Jahren mal abgesehen, bleiben nur entweder die Grund- oder Gewerbesteuereinnahmen, denn von denen leben wir. Nach einigen weniger guten Jahren bei der Einnahmen der Gewerbesteuer, sollen diese 2020 wieder 8 Millionen betragen. Das ist begrüßenswert, aber wehe, wenn diese Summe aus dem einen oder anderen Grund nicht so hoch ausfallen sollte. Hier bleibt nur zu hoffen, dass uns keines der Unternehmen wegbricht. Hier müssen wir aber auch handeln und Schwetzingen proaktiv interessanter für Unternehmen machen. Wir brauchen mehr Vielfalt im gewerblichen Bereich. Insbesondere nachhaltig orientierte Unternehmen und Start-up-Unternehmen sollten wir nach Schwetzingen holen oder deren Gründung zu fördern. Hier fordern wir die Stadt auf, ihre Bemühungen zu intensivieren, denn je attraktiver wir für Unternehmensansiedlungen – oder Gründungen werden, desto mehr Geld wird in unsere Kassen durch höhere Gewerbesteuereinnahmen gespült und desto mehr finanziellen Spielraum werden wir haben, unsere Gemeinde gemeinsam zu gestalten.
Auch darf es in Niedrigzinsphasen wie der aktuellen kein Tabu mehr sein, über Kreditaufnahme im Bedarfsfall zu sprechen. Hätte beispielsweise die Stadt – und ja, das ist provokant, da es sich nicht um eine unerheblich hohe Investitionen gehandelt hätte – sich ins Zeug geschmissen und das Pfaudler-Gelände mutig durch Kreditaufnahme selbst gekauft und entwickelt, hätte dies nicht nur ganz andere Möglichkeiten besonders hinsichtlich günstigem Wohnraum aufgetan, sondern hätte bei einer gezielten Mischkalkulation von hoch- und niedrigpreisigen Wohnungen – auch hinsichtlich des hohen Preisniveaus für Immobilien in Schwetzingen – unter Umständen ein enormes Plusgeschäft darstellen können. Aber bevor ein Aufschrei durch die Reihen geht: Damit meinen wir nicht, dass wir uns gnadenlos verschulden sollen, sondern es geht um gezielte, projektorientierte Kreditaufnahmen, auch wenn der Weg über Mehreinnahmen wie oben geschildert, natürlich der zu bevorzugende wäre. Aber Denkverboten erteilen wir eine klare Absage. Denn es geht um unsere Zukunft und die unserer Kinder und ohne Investitionen in eben diese, stellt sich die Zukunft nicht eben besonders gut dar. Natürlich ist uns bewusst, dass wir im Vergleich mit manch anderen Städten im näheren und weiteren Umfeld finanziell gar nicht so schlecht dastehen. Noch.
Die Fraktion von Bündnis 90/DIE GRÜNEN dankt der Verwaltung und besonders Herrn Lutz-Jahte und seinem gesamten Team für die enorme Leistung der Erarbeitung der Zahlenwerks.
Wir mahnen zu mehr Mut und Kreativität bei den Überlegungen, wie wir zukünftige Investitionen ermöglichen können und stimmen der Beschlussvorlage zu.